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Aufhebungsvertrag eines Betriebsratsvorsitzenden: Verdächtig gute Konditionen?

BAG, Urteil v. 21.03.2018, Az. 7 AZR 590/16

Eine zweijährige Freistellung bei voller Bezahlung plus eine Abfindung in Höhe von 120.000 Euro netto – das klingt erst einmal nach einem sehr guten Deal, wenn man einen Aufhebungsvertrag abschließt.

Der Betriebsratsvorsitzende, dem diese Abfindung zugutegekommen war, bereute es offenbar trotzdem, dass er der Aufhebung seines Arbeitsverhältnisses zugestimmt hatte. Er klagte gegen den Aufhebungsvertrag. Sein Argument: Die hohe Abfindung habe er nur erhalten, weil er Betriebsrat gewesen sei. Die Abfindung stelle eine unrechtmäßige Begünstigung dar. Der Aufhebungsvertrag sei deshalb nichtig.

Benachteiligung verboten – Begünstigung aber auch

Der Grundsatz, um den sich der Rechtsstreit drehte, lautet: Mitglieder des Betriebsrats dürfen wegen ihrer Tätigkeit nicht benachteiligt, aber eben auch nicht begünstigt werden (§ 78 Satz 2 Betriebsverfassungsgesetz). Vereinbarungen, die hiergegen verstoßen, sind nichtig (§ 134 BGB). Außerdem genießen Betriebsratsmitglieder Sonderkündigungsschutz (§ 15 Kündigungsschutzgesetz und § 103 Betriebsverfassungsgesetz). Dadurch soll sichergestellt werden, dass Betriebsräte ihr Amt unabhängig ausüben können.

Der Betriebsratsvorsitzende hatte die Klage gegen seinen Aufhebungsvertrag u.a. damit begründet, dass seine Abfindungssumme deutlich über der gesetzlich „bindenden Höchstgrenze“ liege.

Gesetzliche „Höchstgrenze“ für Abfindungen?

Liest man § 10 des Kündigungsschutzgesetzes, kann man tatsächlich auf die Idee kommen, es gebe eine gesetzliche Höchstgrenze für Abfindungen. Dort heißt es: „Als Abfindung ist ein Betrag bis zu zwölf Monatsverdiensten festzusetzen“.

Diese Vorschrift gilt allerdings nur für den seltenen Fall, dass eine Partei im Kündigungsschutzprozess einen sog. Auflösungsantrag stellt. Ein solcher Antrag kommt z.B. dann in Betracht, wenn es dem Arbeitnehmer nicht zumutbar ist, weiterhin für den Arbeitgeber tätig zu sein, weil der ihn bedroht hat. In diesem Fall entscheidet das Gericht auch über eine Abfindung des Arbeitnehmers. Dabei muss es § 10 des Kündigungsschutzgesetzes beachten, der die Höhe der Abfindung nach oben hin begrenzt.

In der Regel entscheidet aber nicht das Arbeitsgericht über die Abfindung, sondern sie wird von den Parteien – Arbeitgeber und Arbeitnehmer – im Gütetermin ausgehandelt. Das Arbeitsgericht macht zwar meistens einen Vorschlag (z.B. ein halbes Bruttomonatsgehalt pro Arbeitsjahr). Daran sind die Parteien aber nicht gebunden.

In den allermeisten Fällen ist die Höhe der Abfindung also reine Verhandlungssache. Wie hoch die Abfindung im Einzelfall ausfällt, hängt davon ab, wie stark die Verhandlungsposition des Arbeitnehmers ist. Je besser seine Chancen stehen, dass er die Kündigungsschutzklage gewinnt, desto mehr muss der Arbeitgeber auf den Tisch legen, wenn er den Arbeitnehmer trotzdem nicht weiterbeschäftigen will.

BAG: Ein Aufhebungsvertrag ist kein unrechtmäßiger Vorteil

Diesen Hintergrund hatte wahrscheinlich auch das BAG vor Augen, als es über die Klage des Betriebsratsvorsitzenden entschied. In seiner Pressemitteilung teilte das Gericht mit: Durch den Abschluss eines Aufhebungsvertrags werde ein Betriebsratsmitglied regelmäßig nicht unzulässig begünstigt. Soweit die Verhandlungsposition des Betriebsratsmitglieds günstiger sei als die eines Arbeitnehmers ohne Betriebsratsamt, beruhe dies auf dem für Betriebsräte geltenden Sonderkündigungsschutz (§ 15 Kündigungsschutzgesetz und § 103 Betriebsverfassungsgesetz).

Der Sonderkündigungsschutz macht es dem Arbeitgeber zwar nicht unmöglich, einem Betriebsratsmitglied zu kündigen. Die Kündigung ist dadurch aber deutlich schwieriger. Diese Tatsache spiegelt sich in einer starken Verhandlungsposition des Betriebsratsmitglieds im Kündigungsschutzprozess wieder. Und die kann – wie oben bereits erwähnt – für den Arbeitgeber teuer werden. Darin liegt aber nach Ansicht des BAG kein unrechtmäßiger Vorteil für das Betriebsratsmitglied. Die Aufhebungsvereinbarung war deshalb wirksam und das Arbeitsverhältnis des Betriebsratsvorsitzenden damit beendet.

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