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Das kleine Einmaleins des Homeoffice

Im Zuge der Corona-Krise ist innerhalb weniger Wochen das Thema „Homeoffice“ plötzlich in aller Munde. Ist es zuvor, trotz vielfältiger technischer Möglichkeiten, nur in einigen Betrieben zur Anwendung gekommen und auch dort nicht von allen Mitarbeitern genutzt worden, so wurden in den letzten drei Wochen zur Eindämmung der Pandemie zahlreiche Arbeitsplätze in die eigenen vier Wände verlegt. Daher wird es Zeit, die wichtigsten Fragen rund um das Thema Homeoffice zu beleuchten.

Was genau ist das Homeoffice?

Unter einem Homeoffice versteht man nicht nur einen privaten Arbeitsplatz, sondern eine ganze Organisationsform zur Flexibilisierung der Arbeit. Häufig wird in diesem Zusammenhang das Synonym „Telearbeit“ verwendet. Zudem wird zwischen drei verschiedenen Formen des Homeoffice-Arbeitsplatzes unterschieden. Wenn ein Arbeitnehmer in Vollzeit aus dem privaten Umfeld heraus arbeitet, spricht man von sogenannter „Teleheimarbeit“. Die wohl verbreitetste Form ist die „alternierende Telearbeit“, bei der dem Arbeitnehmer sowohl ein Arbeitsplatz im Unternehmen als auch ein Homeoffice zur Verfügung steht. Bei Arbeitsplätzen, die unter anderem ein hohes Reiseaufkommen aufweisen, gibt es zudem die mobile Telearbeit, bei der sich der Arbeitsplatz dem Grunde nach mit dem Arbeitnehmer bewegt. Gerade die alternierende sowie die mobile Telearbeit bieten ein hohes Maß an Flexibilität in der Arbeitsorganisation, benötigen aber gleichzeitig eine umfangreichere IT-Infrastruktur und einen größeren Organisationsaufwand im Unternehmen.

Aus den verschiedenen Formen des Homeoffice-Arbeitsplatzes ergibt sich folgende, geläufige juristische Definition:

Homeoffice/ Telearbeit ist eine flexible Arbeitsform, bei der die Beschäftigten ihre Arbeit vollumfänglich oder teilweise aus dem privaten Umfeld heraus ausführen.“

Aus der Sicht der Arbeitnehmer …

… kann ein Homeoffice-Arbeitsplatz beispielsweise reizvoll sein, um die Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu stärken. Jedoch gilt es zu beachten, dass ein Arbeitnehmer grundsätzlich keinen Anspruch auf die Einrichtung eines Homeoffice-Arbeitsplatzes hat. Der Arbeitgeber bestimmt kraft seines Weisungsrechts den Arbeitsort. Daher kann er auch den Betrieb als Arbeitsort festlegen und damit scheidet die Tätigkeit im Homeoffice aus. Allerdings kann im Arbeitsvertrag oder in einer Kollektivvereinbarung (Tarifvertrag, Betriebsvereinbarung) ein Anspruch auf einen Homeoffice-Arbeitsplatz geregelt sein. Besteht eine solche Regelung, ist das Weisungsrecht bezüglich des Arbeitsortes eingeschränkt und die Arbeitnehmer haben einen Anspruch auf Tätigkeit im Homeoffice – natürlich nur in dem Rahmen, der von der zugrundeliegenden Homeoffice-Regelung vorgegeben wird. Ferner ist es in Zeiten der Corona-Pandemie denkbar, dass die Anweisung in den Betrieb zu kommen, nicht billigem Ermessen entspricht und die Mitarbeiter deshalb einen Anspruch darauf haben, ihre Tätigkeit an einem Arbeitsplatz außerhalb des Betriebes zu erbringen; dies wird in der Regel das Homeoffice sein. Die Unbilligkeit der Weisung, die Tätigkeit im Betrieb auszuüben, dürfte aber auch jetzt nur in Extremfällen gegeben sein. Dafür müsste am betrieblichen Arbeitsplatz eine besonders erhöhte Ansteckungsgefahr bestehen, keine ausreichenden Schutzmöglichkeiten zur Verfügung stehen und die Tätigkeit im Homeoffice ohne Nachteile für die Interessen des Unternehmens möglich sein. Auch im Falle eines behördlichen Verbotes des Betretens des Betriebes kann der Arbeitgeber natürlich nicht mehr anordnen, dass die Tätigkeit weiterhin im Betrieb ausgeübt wird.

Anordnung durch den Arbeitgeber

Andersherum ergibt sich aus den gesetzlichen Vorgaben auch keine Verpflichtung für den Arbeitnehmer, einen vom Arbeitgeber angebotenen Homeoffice-Arbeitsplatz beziehen zu müssen. Mit anderen Worten: Der Arbeitgeber kann die Tätigkeit im Homeoffice nicht einseitig anordnen, denn die eigene Wohnung ist durch die Verfassung als besonders geschützter Bereich ausgewiesen. Hier findet das Weisungsrecht des Arbeitgebers mithin eine Grenze. Möchte der Arbeitgeber seine Mitarbeiter im Homeoffice einsetzen, bedarf es daher einer speziellen Regelung hierzu, entweder im Arbeitsvertrag oder in einer Kollektivvereinbarung. Dies gilt auch in Zeiten der Corona-Pandemie, denn der Schutz der eigenen Wohnung wird auch durch diese nicht ausgehebelt.

Zudem gilt es für den Arbeitgeber zu beachten, dass ein im Homeoffice tätiger Arbeitnehmer grundsätzlich die gleichen arbeitsrechtlichen Regelungen einzuhalten hat bzw. Rechte hat, die auch für im Betrieb tätig Arbeitnehmer gelten. Hierzu zählen etwa die Vorschriften des Arbeitszeitgesetzes. Auch dort müssen also Höchstarbeitszeiten, Pausen und Ruhezeiten eingehalten werden. Außerdem muss der Arbeitgeber auch bei einem Homeoffice-Arbeitsplatz dafür Sorge tragen, dass die Vorschriften über die Sicherheit am Arbeitsplatz eingehalten werden. Der Arbeitgeber muss dem Arbeitnehmer einen sicheren Arbeitsplatz im Homeoffice zur Verfügung stellen und diesen also entsprechend ausstatten (sichererer Stuhl, flimmerfreier Bildschirm). Der Arbeitnehmer ist verpflichtet, an der Einrichtung eines gesetzeskonformen Arbeitsplatzes mitzuwirken. Vor diesem Hintergrund sind Arbeitgeber gut beraten, wenn sie sich in der Homeoffice-Vereinbarung ein Recht zum Betreten der Wohnung des Arbeitnehmers einräumen lassen.

Im beiderseitigen Interesse von Arbeitnehmer und Arbeitgeber …

… sollte daher eine klare schriftliche Vereinbarung über den Homeoffice-Arbeitsplatz erfolgen. Dies kann durch eine Zusatzvereinbarung zum Arbeitsvertrag geschehen. Empfehlenswerte Mindestinhalte sind:

  • Ausstattung des Telearbeitsplatzes sowie Details zur Kostenerstattung (ohne weitere Vereinbarung trägt der Arbeitgeber grundsätzlich die Kosten der Arbeitsmittel, zu denen u. a. Anschaffung der Büroeinrichtung, Anschaffung, Wartung und Pflege der Kommunikationseinrichtung, dienstlicher Anteil der Raummiete, Beleuchtung, Heizung gehören können)
  • Vereinbarungen zur Einhaltung der arbeitsschutzrechtlichen Vorschriften und entsprechenden Kontrollrechte des Arbeitgebers (z. B. durch Betreten der Wohnung unter gewissen Voraussetzungen)
  • Dokumentationspflichten zur Arbeitszeit, Arbeitszeit- und/ oder Erreichbarkeitsfenster oder Bearbeitungsfristen
  • Datenschutz und die Datensicherheit im Homeoffice, da ein Arbeitnehmer, der im Homeoffice personenbezogene Daten verarbeitet, für den Arbeitgeber als datenschutzrechtlich verantwortliche Stelle handelt. Der Arbeitgeber ist hier also ebenso verpflichtet dafür zu sorgen, dass die ihm obliegenden datenschutzrechtlichen Pflichten beachtet werden; neben den gesetzlichen Datenschutzvorgaben hat der Arbeitgeber auch ein ureigenes Interesse daran, dass sein Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse im Homeoffice genauso geschützt werden wie im Betrieb.

 

Aus der Sicht des Arbeitgebers …

… muss bei einer solchen Zusatzvereinbarung an die Möglichkeit der Beendigung des Homeoffice-Arbeitsplatzes gedacht werden. Möchte der Arbeitgeber den Ausspruch einer Änderungskündigung vermeiden, muss er sich im Rahmen der Zusatzvereinbarung zum Homeoffice-Arbeitsplatz den Widerruf der entsprechenden Zusage vorbehalten. Wichtig ist hierbei, dass klare und für beide Seiten angemessene Regelungen für den Widerruf aufgestellt werden. Eine vertragliche Regelung, die die Beendigung der Tätigkeit im Homeoffice für den Arbeitgeber voraussetzungslos ermöglicht und die Interessen des Arbeitnehmers nicht berücksichtigt, ist nämlich unwirksam (vgl. LAG Düsseldorf, Urteil vom 10.9.2014 – 12 Sa 505/14).

Aus Sicht von Betriebsräten …

… ergeben sich im Zusammenhang mit der Einführung und Ausgestaltung von Homeoffice-Arbeitsplätzen auf kollektiver Ebene viele Mitbestimmungsrechte. Dies können zum Beispiel § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG (Ordnungsverhalten) bei Regelungen zum Betreten der Privatwohnung und sonstigen Kontrollrechten des Arbeitgebers in Bezug auf diesen Bereich, § 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG bei Fragen der Arbeitszeitgestaltung, die im Homeoffice von derjenigen im Betrieb durchaus abweichen kann, § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG hinsichtlich der technischen Einrichtungen (Nutzung von Laptop, Smartphone etc.) sowie rund um den Arbeitsschutz § 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG sein.

Über § 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG i. V. m. § 5 ArbSchG hat der Betriebsrat ein Initiativrecht, die Durchführung von Gefährdungsbeurteilungen durch den Arbeitgeber zu veranlassen. Vor dem Hintergrund der hohen Gefahren einer Ansteckung mit dem Coronavirus am Arbeitsplatz hat der Arbeitgeber nach § 3 ArbSchG die erforderlichen Maßnahmen zum Schutz der Arbeitnehmer zu ergreifen. Bei der Wahl mehrerer Maßnahmen hat der Betriebsrat nach § 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG i. V. m. § 3 ArbSchG mitzubestimmen. Hierzu kann auch die Anordnung von Arbeit im Homeoffice gehören, soweit sie verhältnismäßig ist. Dies könnte momentan also ein Hebel sein, um die Einführung von Homeoffice-Arbeitsplätzen betriebsratsseitig durchzusetzen bzw. zumindest in Gang zu bringen. Grundsätzlich gilt allerdings, dass der Betriebsrat kein Initiativrecht zur Einführung derartiger Arbeitsplätze hat. Er ist lediglich anhand der vorstehend genannten Mitbestimmungsrechte vom Arbeitgeber bei der Einführung zwingend mit zu beteiligen.

Die Beteiligungsrechte des Betriebsrats beginnen allerdings nicht erst bei den „harten“ Mitbestimmungsrechten nach § 87 Abs. 1 BetrVG, sondern wesentlich früher: Der Arbeitgeber ist verpflichtet, den Betriebsrat bereits in der Planungsphase mit ins Boot zu holen und muss diesen so umfassend unterrichten, dass dieser Vorschläge und Bedenken formulieren kann, die noch in die Umsetzung der Maßnahmen miteinfließen können müssen (vgl. § 90 BetrVG).

Angesichts der massiven Auswirkungen der Corona-Krise erscheint eine Betriebsvereinbarung zur Festlegung grundsätzlicher Regelungen für das Arbeiten im Homeoffice für alle Parteien ratsam. Hierbei ist es durchaus angeraten, wenn der Betriebsrat darauf dringt, dass durch Abschluss einer Gruppenunfallversicherung auch etwaige Lücken im Versicherungsschutz, die nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts im Homeoffice auftreten können, da berufliche Tätigkeit und rein private Handlungen teils nahtlos ineinander übergehen, geschlossen werden. Alternativ zur Gruppenunfallversicherung könnte in der Betriebsvereinbarung auch geregelt werden, dass die Mitarbeiter verpflichtet sind, eine private Unfallversicherung abzuschließen und der Arbeitgeber die entstehenden Kosten erstattet.

Fazit und Ausblick

Die Entwicklung der letzten Wochen zwingt die Arbeitswelt, sich flächendeckend ernsthaft mit dem Thema „Homeoffice“ zu beschäftigen. Ein denkbares Ergebnis hierbei wäre, dass einige der noch vielen rechtlichen sowie technischen Probleme weitestgehend geklärt werden können. Hierdurch könnte sich sowohl auf Seiten der Arbeitgeber als auch der Arbeitnehmer die bisher gelebte Zurückhaltung bezüglich des Themas legen und sich in manchem Unternehmen vermehrt die Möglichkeit eines Homeoffice-Arbeitsplatzes für Arbeitnehmer ergeben. Dennoch sollte keinesfalls vergessen werden, im Einzelfall die Vor- und Nachteile der Einrichtung eines Homeoffice-Arbeitsplatzes gegeneinander abzuwägen.

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