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Filialleiter ohne Personalbefugnis ist kein leitender Angestellter

Arbeitsgericht Neumünster, Beschluss vom 27.06.2018 – 3 BV 3a/18

Ein Filialleiter hat vielfältige und verantwortungsvolle Aufgaben: Leitung und Anweisung der Mitarbeiter, Organisation des Betriebs, Koordination von Aufgaben und vieles mehr. Aber ist er damit automatisch „leitender Angestellter“ im Sinne des § 5 Abs. 3 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) – mit der Konsequenz, dass er nicht mehr in den Betriebsrat gewählt werden darf? Um diese Frage ging es in einem Rechtsstreit, den das Arbeitsgericht Neumünster entschieden hat.

Filialleiter als Betriebsratsvorsitzender

Vor dem Arbeitsgericht Neumünster gestritten wurde um die Zusammensetzung eines Betriebsrats in einem großen Unternehmen, das bundesweit im Bereich der Systemgastronomie zahlreiche Filialen hat. Das Unternehmen hatte mit der zuständigen Gewerkschaft einen Tarifvertrag geschlossen, der vorsah, dass die Filialmitarbeiter in Teilregionen jeweils einen gemeinsamen Betriebsrat wählen.

Betriebsratsvorsitzender des Betriebsrats einer Teilregion war ein Filialleiter. Dieser hatte nach seinem Arbeitsvertrag keine Befugnis, Arbeitgeberentscheidungen gegenüber den Mitarbeitern seiner Filiale zu treffen. Später erhielt er vom Arbeitgeber eine Stellenbeschreibung, die die selbständige Einstellungs- und Entlassungsbefugnis gegenüber den Mitarbeitern seiner Filiale vorsah. Eine entsprechende Personalvollmacht zeichnete der Filialleiter allerdings nicht gegen.

In der aktuellen Betriebsratswahl wurde der Filialleiter erneut in den Betriebsrat gewählt und zum Betriebsratsvorsitzenden bestimmt. Daraufhin focht der Arbeitgeber die Betriebswahl an. Der Arbeitgeber machte vor Gericht geltend, der Filialleiter habe nicht Betriebsratsmitglied werden dürfen. Er sei leitender Angestellter im Sinne des § 5 Abs. 3 BetrVG und ihm sei daher nicht gestattet, in den Betriebsrat gewählt zu werden.

Was ist ein leitender Angestellter?

Das Betriebsverfassungsgesetz regelt die Zusammenarbeit zwischen dem Arbeitgeber und der Arbeitnehmervertretung im Betrieb. Leitende Angestellte sind gemäß § 5 Abs. 3 BetrVG vom Anwendungsbereich des BetrVG ausgenommen. Dies führt dazu, dass sie von Tätigkeiten der Arbeitnehmervertretung gesetzlich ausgeschlossen sind. Sie dürfen den Betriebsrat nicht wählen und sich selbst auch nicht wählen lassen.

§ 5 Abs. 3 BetrVG definiert den „leitenden Angestellten“ als einen Mitarbeiter, der im Betrieb

  1. zur selbständigen Einstellung und Entlassung von Arbeitnehmern des Betriebs berechtigt ist oder
  2. Generalvollmacht oder Prokura hat oder
  3. regelmäßig sonstige Aufgaben wahrnimmt, die für Bestand und Entwicklung des Unternehmens von Bedeutung sind und deren Erfüllung besondere Erfahrungen und Kenntnisse voraussetzt.

Ist eine dieser drei Voraussetzungen erfüllt, ist der Mitarbeiter ein „leitender Angestellter“.

Hintergrund dieser Regelung ist, dass ein leitender Angestellter aufgrund seines Aufgabenkreises näher an der Sphäre des Arbeitgebers steht als ein „normaler“ Arbeitnehmer. Daher darf er auch nicht im Betriebsrat sitzen oder an dessen Wahl teilnehmen. Bei der Prüfung, ob ein Arbeitnehmer ein „leitender Angestellter“ ist, kommt es insbesondere auf seine Befugnisse an.

AG Neumünster: Filialleiter braucht Personalbefugnis, um leitender Angestellter zu sein

Das Arbeitsgericht Neumünster entschied per Beschluss, dass der Filialleiter ohne Personalbefugnis nicht als leitender Angestellter im Sinne des BetrVG zu qualifizieren sei. Er sei ein „normaler“ Arbeitnehmer und dürfe damit in den Betriebsrat gewählt werden. Die Betriebsratswahl sei rechtmäßig.

Aus dem Arbeitsvertrag des Filialleiters ergebe sich, dass ihm die Befugnis, selbständig Arbeitnehmer einstellen oder entlassen zu können, fehle. Die einseitige Unterzeichnung und Zusendung der Stellenbeschreibung durch den Arbeitgeber reiche zudem nicht aus, um den Arbeitsvertrag einvernehmlich abzuändern.

Doch selbst wenn der Filialleiter eine Befugnis zur Einstellung und Kündigung von Personal gehabt hätte, sei dies nicht ausreichend. Der Betriebsrat umfasse mehrere Teilregionen. Die Personalbefugnis für eine einzelne Filiale sei damit nicht bedeutsam genug, um den Status eines leitenden Angestellten zu begründen

Dem Filialleiter habe es somit an den für den Status des „leitenden Angestellten“ erforderlichen Voraussetzungen gefehlt: Er handelte weder vom Arbeitgeber bevollmächtigt, noch in Erfüllung besonderer konstituierender Aufgaben und insbesondere habe er keine Personalbefugnisse innegehabt. Er falle daher nicht unter § 5 Abs. 3 BetrVG. Eine Wahl des Filialleiters zum Betriebsratsmitglied und Betriebsratsvorsitzenden sei möglich.

Gegen den Beschluss kann Beschwerde beim Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein eingelegt werden. Die Entscheidung ist daher noch nicht rechtskräftig.

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