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NEUES GESETZ ERLASSEN: Das Hinweisgeberschutzgesetz

Über zwei Jahre verspätet setzt das Hinweisgeberschutzgesetz die „Europäische- Whistleblower-Richtlinien ([EU] 2019/ 1937) um. Nach zwei erfolglosen Gesetzesentwürfen konnten sich Bundestag und Bundesrat nun endlich im Vermittlungsausschuss auf einen Kompromiss einigen. Das Gesetz wurde zunächst am 11.05.2023 vom Bundestag und am 12.05.2023 auch vom Bundesrat beschlossen. Es tritt bereits ab Mitte Juni 2023 in Kraft.

Das Hinweisgeberschutzgesetz soll gesetzlichen Rechtschutz für alle hinweisgebenden Personen bieten.

Die Identitäten und Meldungen der hinweisgebenden Personen werden diskret behandelt. Es werden interne und externe Meldestellen eingerichtet, an die sich die hinweisgebenden Personen wenden können, um Rechtsschutz zu erhalten. Ungerechtfertigte Benachteiligungen wie Kündigung, Abmahnung, Versagung einer Beförderung oder Mobbing von hinweisgebenden Personen sind nach dem Hinweisgeberschutzgesetz verboten. Verstöße gegen dieses Gesetz können Schadensersatzansprüche und Bußgelder zur Folge haben.

Einrichtung von internen Meldestellen

Unternehmen und Organisationen mit mehr als 50 Beschäftigten müssen interne Meldestellen einrichten und betreiben, an die sich die Beschäftigten wenden können. Unternehmen mit 250 oder mehr Beschäftigten müssen bereits ab Mitte Juni interne Meldestellen einrichten. Unternehmen und Organisationen mit 50 bis 249 Beschäftigten müssen entsprechende Meldestellen erst ab dem 17.12.2023 einrichten.

Einrichtung von externen Meldestellen

Neben den internen Meldestellen errichtet der Bund beim Bundesamt für Justiz eine externe Meldestelle. Zudem werden für spezielle Verstöße spezielle externe Meldestellen errichtet, wie zum Bespiel bei der Bundesanstalt für die Finanzdienstleistungsaufsicht.

Wahlrecht zwischen internen und externen Meldestellen

Personen, die beabsichtigen, Informationen über einen Verstoß zu melden, haben die Wahl: Sie können sich an eine interne Meldestelle wenden oder an eine externe Meldestelle richten. Sollte einem intern gemeldeten Verstoß nicht abgeholfen werden, hat die hinweisgebende Person die Möglichkeit, sich zusätzlich an die externe Meldestelle zu wenden.

Anonym eingehende Meldungen

Auch anonym eingehende Meldungen sollen von externen und internen Meldestellen bearbeitet werden. Allerdings besteht keine Verpflichtung die Meldeanlagen so zu gestalten, dass sie die Abgabe anonymer Meldungen ermöglichen.

Vertraulichkeitsgebot

Das Gesetz sieht ein Vertraulichkeitsgebot vor. Die Meldestellen haben grundsätzlich die Identität der hinweisgebenden Personen sowie der Personen, die Gegenstand einer Meldung sind oder in der Meldung genannt sind, zu wahren. Es ist jedoch zu beachten, dass unter bestimmten Umständen Ausnahmen vom Vertraulichkeitsgebot gelten.

Schutz von hinweisgebenden Personen

Hinweisgebende Personen werden durch das Hinweisgeberschutzgesetz geschützt. So können hinweisgebende Personen nicht rechtlich verantwortlich gemacht werden, sofern die Meldung nicht eine eigene Straftat darstellt. Auch sind ungerechtfertigte Benachteiligungen wie Kündigung, Abmahnung, Versagung einer Beförderung oder Mobbing von hinweisgebenden Personen verboten. Bereits Androhungen und Versuche solcher ungerechtfertigten Benachteiligungen von hinweisgebenden Personen sind verboten. Zum Schutz der hinweisgebenden Personen regelt das Gesetz eine Beweislastumkehr, wenn die hinweisgebende Person eine unangemessene Benachteiligung im Zusammenhang mit ihrer beruflichen Tätigkeit erleidet und sich hierauf beruft.

Schadensersatzansprüche

Das Gesetz sieht die Möglichkeit vor, Schadensersatzansprüche gelten zu machen. Die hinweisgebende Person hat einen Schadensersatzanspruch gegen Personen, die ihr eine unangemessene Benachteiligung verursachen. Hinweisgebende Personen sind ihrerseits lediglich zum Schadensersatz verpflichtet, wenn sie grob fahrlässig oder vorsätzlich unrichtige Informationen melden oder offenlegen.

Bußgeldvorschriften

Bestimmte Verstöße gegen dieses Gesetz stellen Ordnungswidrigkeiten dar und werden mit Geldbußen bis zu EUR 50.000,00 geahndet.

Mitbestimmung des Betriebsrats

Die Verabschiedung des Hinweisgeberschutzgesetz ist auch von Relevanz für den Betriebsrat.

Bereits bei der Umsetzung des Gesetzes im Unternehmen, ist der Betriebsrat gemäß § 80 Absatz 2 Satz 1 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) zu beteiligen.

Dem Betriebsrat steht ein Mitbestimmungsrecht gemäß § 87 Absatz 1 Nr. 1 BetrVG zu, wenn das Unternehmen im Rahmen der Einführung eines Hinweisgebersystems die ohnehin bestehenden, arbeitsvertraglichen Hinweispflichten ausdehnt oder Regelungen bezüglich des konkreten Meldeverfahrens einführt. In diesem Fall würde das Unternehmen Anordnungen treffen, die das Ordnungsverhalten betreffen und damit gemäß § 87 Absatz 1 Nr. 1 BetrVG mitbestimmungspflichtig sind.

Zwar finden sich im Hinweisgeberschutzgesetz bereits umfassende Regelungen für interne Meldestellen, jedoch lässt das Gesetz bezüglich der einzurichtenden Meldekanäle Handlungsspielräume. So regelt das Gesetz lediglich, dass hinweisgebenden Personen die Möglichkeit eingeräumt werden sollen, die Meldung gemäß Hinweisgeberschutzgesetz in Textform oder mündlich abzugeben. Sobald technische Kommunikationssysteme (z.B. Telefon) oder digitale Kanäle (z.B. E-Mail oder bestimmte Software) für die Meldekanäle genutzt werden, wäre außerdem das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats nach § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG eröffnet.

Bei der personellen Besetzung von internen Meldestellen kann ein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats gemäß § 99 BetrVG bestehen. Dies ist insbesondere der Fall, wenn für die Besetzung der internen Meldestellen neues Personal eingestellt wird oder aber Beschäftigte zusätzlich zu ihrer „eigentlichen“ Tätigkeit mit der Wahrnehmung von Aufgaben der Meldestellen betreut werden.

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